Heft 06/2023

Heft Juni 2023

"Blickpunkt Dienstleistung" Heft 06/23 - Inhalt

  • Wechselwillige Arbeitnehmer – Viele suchen sich wieder neue Jobs

  • Dr. Alexander Bissels und Dr. Jonas Singraven Erst Kündigung, dann krank - Erschütterung des Beweiswertes einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

  • Tarifabschluss: Inflationsausgleichsprämie für Zeitarbeitskräfte in der M+E-Industrie

  • Dr. Robert Bauer Das BAG, der EuGH und der "Men in Black"-Effekt

  • Arbeitgeberverbände BAP und iGZ beschließen ihre Verschmelzung auf den "Gesamtverband der Personaldienstleister e.V." (GVP)

  • Index Anzeigendaten investiert strategisch in GeoMapping Zeitarbeit

  • 70.000 Euro für Menschen in Not - Mitarbeitende der I.K. Hofmann GmbH spenden für Menschen in der Ukraine, der Türkei und Syrien

  • BFH lässt Zeitarbeit und Werkverträge in der Fleischwirtschaft teilweise zu - BFH, VII B 9/22, Beschluss vom 03.05.2023

  • BAP Job-Navigator 6/2023: "Benefits" - Monetäre Anreize haben den höchsten Stellenwert

  • Rekrutierung von ausländischen Arbeits- und Fachkräften: Endlich die Expertise der Personaldienstleister nutzen

  • BAG: Keine Erstattung einer Personalvermittlungsprovision durch den Arbeitnehmer I.K. Hofmann GmbH

Leseprobe

Dr. Robert Bauer

Das BAG, der EuGH und der „Men in Black“-Effekt

Sie müssen nicht Googlen, den Begriff des „Men in Black“ Effekts habe ich mir ausgedacht. Er ist angelehnt an den Film aus den 90er Jahren und beschreibt den Effekt, dass – wenn alles klappt – die betroffenen Personen sich nicht bewusst sind, wie knapp sie einer Katastrophe entkommen sind.

Vor über sechs Jahren startete mit der sogenannten „Däubler-Kampagne“ der Versuch, gerichtlich feststellen zu lassen, dass durch die deutschen Zeitarbeitstarifverträge iGZ und BAP nicht wirksam vom Gleichstellungsgrundsatz abgewichen werden könne. Die EU-Zeitarbeitsrichtlinie erlaube es nicht, dass pauschal eine finanzielle Schlechterstellung im Vergleich zu der Stammbelegschaft des Entleihunternehmens erfolge. Demnach sei sowohl die gesetzliche Regelung hierzu im AÜG, als auch die Umsetzung durch die Tarifverträge unwirksam. Viele dieser Verfahren sind unterwegs aus verschiedensten Gründen gescheitert. Im Dezember 2020 schafften es aber tatsächlich drei dieser Verfahren bis zum BAG (vgl. den Beitrag hierzu in der Ausgabe Januar 2021). Zwei dieser Verfahren wurden dort aus formalen Gründen zurückgewiesen, das Dritte stand aber tatsächlich zur Entscheidung an.

Das BAG ist dabei zwar das höchste deutsche Arbeitsgericht, konnte den Fall aber gleichwohl nicht allein entscheiden, da die Auslegung europäischer Vorschriften entscheidungserheblich war. Konkret ging es darum, welche Anforderungen eine nationale Regelung erfüllen muss, um den vorgeschriebenen „Gesamtschutz der Zeitarbeitnehmer“ zu wahren. Diese Frage wurden demnach dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt. Die Antwort des EuGH kam am 15. Dezember 2022 und bot durchaus Grund zur Sorge.

So wurde zwar recht deutlich, dass die gesetzliche Regelung zur Abweichung vom Gleichbehandlungsgrundsatz grundsätzlich nicht dem Europarecht widerspricht. Allerdings wurden Anforderungen an die Regelungen in den Tarifverträgen formuliert. So müssen nachteilige Abweichungen vom Equal Treatment Niveau in den Tarifverträgen durch vorteilhafte Abweichungen ausgeglichen werden. Der Vergleich muss dabei individuell für den jeweiligen Arbeitsplatz erfolgen.

Und genau diese Anforderungen waren der Knackpunkt. Wie so vieles in der Juristerei kann man auch diese Vorgaben auf unterschiedliche Art und Weise auslegen. Um die Frage, was die korrekte Auslegung ist, wurde im Mai diesen Jahres vor dem BAG erbittert gekämpft.

Denkbar – und von der Klägerin vertreten – wäre eine Auslegung, wonach die Tarifverträge beispielsweise nur dann ein geringeres Weihnachtsgeld als der Entleiher vorsehen dürften, wenn dafür im Gegenzug das Urlaubsgeld höher ausfällt. Und für jeden vollen Euro Stundenlohnabweichung müsste beispielsweise ein Urlaubstag zusätzlich gewährt werden, etc. Ganz abgesehen von dem offensichtlichen Punkt, dass die Tarifverträge derzeit nicht derart kleinteilige „Vergleichsberechnungen“ vorsehen, wäre sehr fraglich, ob eine solche Ausgleichssystematik überhaupt abstrakt in einem Tarifvertrag formulierbar wäre. Diese Auslegungsvariante hätte demnach zu dem Ergebnis geführt, dass mit den aktuellen Tarifverträgen (rückwirkend!) nicht vom Gleichbehandlungsgrundsatz hätte abgewichen werden können. Anders als bei der unsäglichen CGZPThematik hätte es dieses Mal jedoch keine alternativen Tarifverträge gegeben, auf die man sein Geschäftsmodell hätte umstellen können. Die Zeitarbeitsbranche hätte sich demnach potentiellen Lohnnachforderungen der Zeitarbeitnehmer und Beitragsnachforderungen der Deutschen Rentenversicherung für die letzten Jahre ausgesetzt gesehen und hätte parallel dazu ihr Geschäftsmodell von jetzt auf gleich auf das gesetzliche Equal Treatment Prinzip umstellen müssen.



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