Heft 07/2019

Heft Juli 2019

"Blickpunkt Dienstleistung" Heft 07/19 - Inhalt

  • Rückgang der Zeitarbeit

  • Dr. Alexander Bissels und Kira Falter Auf ein Neues: AGB-rechtliche (Un-)Wirksamkeit von Bezugnahmeklauseln auf ein Tarifwerk der Zeitarbeit (hier: BAP/DGB)

  • Automatisierung seit den 70er Jahren: Arbeitsplatzverluste werden durch neue Arbeitsplätze ausgeglichen

  • Zeitarbeit: Marktvolumen trotz schwachen zweiten Halbjahres nur mit leichtem Rückgang

  • Die GeAT AG legt den Fokus auf Integration und zufriedene Mitarbeiter/-innen und Kunden. Menschen in Arbeit sind unsere Leidenschaft

  • Digitale Personalvermittlung: Hilfe vom Robo-Recruiter

  • DEKRA Arbeitsmarkt-Report 2019 Stühlerücken auf den vorderen Plätzen

  • Staatsministerin dankt iGZ für Flüchtlingsengagement - Flüchtlingsintegration jetzt dauerhaft geregelt

  • Der Einsatz innovativer Recruiting-Technologien spielt heute eine große Rolle im Kampf um neue Mitarbeiter Megatrends in der Personalgewinnung

  • BAP-Hauptgeschäftsführer Thomas Hetz zur DIW-Studie über Verstöße gegen den Mindestlohn: Wissenschaftlich nicht redlich und auch nicht auf dem neuesten Stand

  • Die PDK-Gesichter stehen fest - Neue Ausbildungskampagne von BAP und iGZ "Mach Dein Ding!"

  • CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak informiert sich bei BAP-Mitgliedsunternehmen über Zeitarbeit

  • Meike Nolte erweitert Geschäftsführung der Aristo Group - Erfahrene Recruiting-Spezialistin wird neuer CEO für den Bereich Festanstellung

  • Zahl der Erwerbstätigen steigt auf 45,1 Millionen

  • BAP-Präsident Lazay: Zeitarbeitsbranche ist strategisch wichtiger Partner des Arbeitsmarktes

  • Hays-Fachkräfte-Index Q2/2019 - Run auf Fachkräfte gestoppt

  • Stress im Job: Fast jeder zweite deutsche Berufstätige spürt körperliche Beschwerden - Drei von vier Angestellten legen Wert auf ausgewogene Work-Life-Balance

  • BAP Job-Navigator 07/2019: "Halbjahresvergleich" Stellenmarkt entwickelt sich weiterhin positiv: Mehr Jobangebote im ersten Halbjahr 2019 als 2018 veröffentlicht
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Leseprobe

Dr. Alexander Bissels und Kira Falter

Auf ein Neues: AGB-rechtliche (Un-)Wirksamkeit von Bezugnahmeklauseln auf ein Tarifwerk der Zeitarbeit (hier: BAP/DGB)

Nach wie vor beschäftigen die Folgen des „CGZP-Beschlusses“ des BAG vom 14.12.2010 (Az. 1 ABR 19/10; dazu: Bissels, BB 2011, 893) die Gerichte – zuletzt das LAG Düsseldorf, das sich in einem in tatsächlich-rechtlicher Hinsicht komplexen Verfahren, das insbesondere auf die Zahlung von equal pay gerichtet war, mit zahlreichen bereits höchstrichterlich beantworteten, aber auch mit noch kontrovers diskutierten Fragen in Zusammenhang mit der arbeitsrechtlichen Abwicklung der o.g. christlichen Tarifgemeinschaft befassen musste (Urt. v. 07.12.2018 – 10 Sa 995/17). U.a. musste das LAG Düsseldorf über die Qualifizierung des Tarifwerks BAP/DGB als mehrgliedrig oder einheitlich entscheiden. Dies stellt dabei die Weichen für die AGB-rechtlichen Anforderungen an eine wirksame arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel, über die der equal pay-/equal treatment-Grundsatz zugunsten des Zeitarbeitsunternehmens abbedungen werden kann (§ 8 Abs. 2, 4 AÜG).

I. Zusammenfassung der Entscheidung

Dem Urteil des LAG Düsseldorf lag folgender Sachverhalt zugrunde: 

Mit dem klagenden Zeitarbeitnehmer hat der Personaldienstleister im Jahr 2005 einen Arbeitsvertrag geschlossen, der eine Verweisung auf die von dem AMP mit der CGZP abgeschlossenen Tarifverträge vorsieht (Arbeitsvertrag 2005). Ergänzend wurde dem Arbeitgeber ein einseitiges Ersetzungsrecht hinsichtlich der in Bezug genommenen Tarifverträge zugebilligt, durch das er diese für die Zukunft durch Tarifverträge substituieren kann, die von einem anderen zuständigen Arbeitgeberverband abgeschlossen wurden.

Im Jahr 2010 machte der Arbeitgeber davon Gebrauch und unterrichtete den Zeitarbeitnehmer unter Verweis auf das Ersetzungsrecht darüber, dass die Tarifverträge, die inzwischen von dem AMP, der CGZP und von einigen konkret benannten christlichen Gewerkschaften (CGBTarifwerk) verhandelt wurden, nunmehr auf das Arbeitsverhältnis angewendet werden (Änderungsschreiben 2010). 

Ob mit dem Kläger eine Vereinbarung dazu geschlossen wurde, ist zwischen den Parteien streitig. Der Arbeitgeber behauptet, dass der Zeitarbeitnehmer im Februar 2010 einen Vertrag unterzeichnet habe, der der obigen einseitigen Erklärung entsprochen haben solle (Arbeitsvertrag 2010). Zusätzlich sei nachfolgende Kollisionsregelung aufgenommen worden:

„Bei in sich widersprechenden Regelungen einzelner Mitgliedsgewerkschaften der in Satz 1 genannten Tarifgemeinschaft gilt Folgendes: Wird der Mitarbeiter als Facharbeiter oder Helfer im Bereich Heizung/Sanitär, Metallund Elektroindustrie, Elektroinstallationshandwerk, Maler & Lackiererhandwerk sowie dem Metall- Handwerk eingesetzt, hat der Tarifvertrag der Christlichen Gewerkschaft Metall den Vorrang. Unterliegt der Kundenbetrieb dem Geltungsbereich des Elektroinstallationshandwerks oder dem Maler & Lackiererhandwerk, gilt für den Mitarbeiter ferner auch das Arbeitnehmerentsendegesetz.“ 

Im Jahr 2013 soll nach dem Vortrag des Arbeitgebers mit Wirkung zum 01.04.2013 eine Zusatzvereinbarung geschlossen worden sein, die eine Bezugnahme auf das Tarifwerk BAP/DGB vorsieht (Arbeitsvertrag 2013). Zudem wurde eine Kollisionsregelung aufgenommen, die wie folgt lautete:

„Bei in sich widersprechenden Regelungen einzelner Mitgliedsgewerkschaften der in Satz 1 genannten DGB-Tarifgemeinschaft gilt Folgendes: Wird der Mitarbeiter als Facharbeiter oder Helfer im Bereich Heizung / Sanitär, Metallund Elektroindustrie, Elektroinstallationshandwerk, Maler & Lackiererhandwerk sowie dem Metall Handwerk eingesetzt, hat der Tarifvertrag der IG Metall den Vorrang. Unterliegt der Kundenbetrieb dem Geltungsbereich des Elektroinstallationshandwerks oder dem Maler & Lackiererhandwerk, gilt für den Mitarbeiter ferner auch das Arbeitnehmerentsendegesetz.“

Mit seiner Klage vom 22.12.2015 verlangt der Zeitarbeitnehmer die Zahlung von equal pay vom 01.01.2012 bis zum 31.10.2015; im Jahr 2016 wurde die Klage auf den Zeitraum vom 01.01.2016 bis einschließlich April 2016 erweitert. 

Das LAG Düsseldorf hat entsprechende equal pay-Ansprüche lediglich für den Zeitraum von Januar 2012 bis März 2013 zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Der Gleichstellungsgrundsatz sei durch den Arbeitsvertrag 2005 nicht wirksam abbedungen worden. Die entsprechend in Bezug genommenen Tarifverträge AMP/CGZP seien keine solchen im Rechtssinne. Die im Änderungsschreiben 2010 formulierte Bezugnahmeklausel sei intransparent und deshalb nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam, weil sie auf einen sog. mehrgliedrigen Tarifvertrag verweise und keine Kollisionsregel enthalte (vgl. BAG v. 13.03.2013 – 5 AZR 954/11). 

Durch den Arbeitsvertrag 2010 sei zwar eine bei einem mehrgliedrigen Tarifwerk (hier: CGB-Tarifverträge) AGB-rechtlich erforderliche Kollisionsbestimmung aufgenommen worden (zugunsten des Zeitarbeitsunternehmens werde unterstellt, dass dieser tatsächlich abgeschlossen worden sei), diese sei aber ihrerseits nicht transparent und daher unwirksam. Nach der dort gewählten Formulierung sei für den Kläger zum Zeitpunkt der behaupteten Vereinbarung nicht abstrakt vorhersehbar gewesen, welche tariflichen Bestimmungen auf das Arbeitsverhältnis jeweils Anwendung finden würden. Die Kollisionsklausel regele nämlich nicht alle denkbaren Konstellationen. So fehle eine Bestimmung für die Zeit bis zu einem ersten Einsatz und für die Zeiten zwischen zwei Überlassungen sowie eine Aussage darüber, welcher Tarifvertrag gelten solle, wenn der Arbeitnehmer an einen Kundenbetrieb überlassen werde, für den sich keine satzungsgemäße Zuständigkeit der beteiligten Gewerkschaften ergebe. Damit bestehe die Gefahr, dass der Kläger wegen unklar abgefasster AGB nicht erkennen könne, ob und wie er seine Rechte wahrnehmen könne, da er nicht für jeden Fall wisse, welche Tarifverträge nun gelten sollten oder nicht. Sei die in der Bezugnahmeklausel enthaltene Kollisionsregelung unwirksam, führe dies zur Unwirksamkeit der gesamten Verweisung. Selbst wenn davon ausgegangen werde, dass die Bezugnahmeklausel teilbar sei, verbliebe bei Streichung des unwirksamen Teils wiederum nur eine Verweisung, der es an der zwingend erforderlichen Kollisionsregel fehle.

Mit Wirkung zum 01.04.2013 hätten die Parteien allerdings durch den Arbeitsvertrag 2013 wirksam eine zur Abweichung vom Gleichstellungsgrundsatz berechtigende Bezugnahme vereinbart. Das LAG Düsseldorf hat dabei hinsichtlich des Vertragsschlusses Beweis erhoben und ist im Rahmen der Beweiswürdigung zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger den Arbeitsvertrag 2013 unterzeichnet hat. Dabei geht das Gericht zunächst davon aus, dass auch diese Kollisionsregelung aus den bereits genannten Gründen intransparent und damit unwirksam, dass dies jedoch vorliegend unschädlich sei. Die Bezugnahmeklausel sei auf Grundlage des sog. bluepencil- Tests teilbar. Werde die Kollisionsbestimmung gestrichen, bleibe eine klare Bezugnahme auf das Tarifwerk BAP/DGB erhalten. Diese sei mit ihrem nach der Streichung verbleibenden Inhalt wirksam. Insbesondere stünden dieser nicht die zur Inbezugnahme eines mehrgliedrigen Tarifwerks entwickelten Anforderungen des BAG (Urt. v. 13.03.2013 – 5 AZR 954/11) entgegen. Denn bei den mit der Klausel in Bezug genommenen Tarifverträgen BAP/DGB handele es sich nicht um einen mehrgliedrigen Tarifvertrag (im engeren Sinne), sondern um ein sog. Einheitstarifwerk. Die Frage sei in der Rechtsprechung zwar noch nicht abschließend geklärt (vgl. LAG Nürnberg v. 11.10.2013 – 3 Sa 699/10; Hess. LAG v. 04.09.2014 – 9 TaBV 91/14; LAG Düsseldorf v. 29.10.2014 – 7 Sa 1053/13; LAG Rheinland-Pfalz v. 02.03.2016 – 7 Sa 352/15; LAG Bremen v. 06.12.2017 – 3 Sa 64/17; Bissels, jurisPR-ArbR 25/2014 Anm. 1; Bissels, jurisPR-ArbR 23/2016 Anm. 6; Ulrici, jurisPR-ArbR 22/2018 Anm. 4). Dabei sieht das LAG Düsseldorf ein wesentliches Indiz für einen Einheitstarifvertrag darin, dass das Tarifwerk gerade nicht als mehrgliedrig bezeichnet werde. Dieses werde durch die im Tarifwerk enthaltene Herausverweisung auf die zwischen einzelnen Mitgliedsgewerkschaften der DGB-Tarifgemeinschaft und dem BAP für einzelne Einsatzbranchen geschlossenen Branchentarifverträge noch verstärkt, die ohne Rücksicht darauf gelten sollten, ob der Zeitarbeitnehmer (auch) Mitglied der den jeweiligen Branchenzuschlagstarifvertrag schließenden Einzelgewerkschaft sei. Unter Berücksichtigung des sich darin zugleich verdeutlichenden Zwecks, die Arbeitsbedingungen der Zeitarbeitnehmer unabhängig davon, welcher DGB-Mitgliedsgewerkschaft sie angehörten, einheitlich regeln zu wollen, spreche diese „gewerkschaftsübergreifende“ Bindung zugunsten eines Einheitstarifvertrages. Vor diesem Hintergrund sei der zwingende Gleichstellungsgrundsatz zumindest ab dem 01.04.2013 wirksam abbedungen worden. (...)



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