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Präsident
des Bundesarbeitgeberverbandes der Personaldienstleister (BAP)
Sebastian
Lazay
Wir
leisten Großes bei der Integration von „Zielgruppen des
Arbeitsmarktes“
Gerne
würde ich an dieser Stelle verkünden, dass 2018 die Politik
alles dafür unternommen hat, einfache und vernünftige
gesetzliche Rahmenbedingungen für die Zeitarbeit zu schaffen.
Doch obwohl selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer Rede auf
dem Deutschen Arbeitgebertag Ende November betonte, dass „wir
Flexibilitätsinstrumente wie zum Beispiel die Zeitarbeit
benötigen“, handelt die Politik genau gegenteilig. Die
Herausforderungen für die Personaldienstleister, die sich aus dem
handwerklich nicht überzeugenden Arbeitnehmerüberlassungsgesetz
(AÜG) ergeben, sind weiterhin groß. In diesem Jahr haben
erstmalig sowohl die komplizierten und nicht ausgegorenen
Equal-Pay-Regelungen gegriffen als auch die
Höchstüberlassungsdauer, für deren Abschaffung der BAP
weiterhin eintreten wird. Es kann nicht sein, dass uns quasi ein
Berufsverbot nach 18 Monaten Überlassungsdauer vom Gesetzgeber
auferlegt wird. Zudem stieg der Beratungsbedarf unserer Mitglieder
noch einmal deutlich durch die 2018 von der Bundesregierung
beschlossene und alle belastende Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).
Auch in diesem Jahr hat der BAP viel Zeit und Kraft darauf
verwendet, seine Mitglieder mittels zahlreicher Veranstaltungen,
Rundschreiben und Telefonberatung fit für die Folgen des AÜG und
der DSGVO zu machen. Auch 2019 wird der Verband allen Mitgliedern
hierbei wieder tatkräftig zur Seite stehen.
Aber
so groß die Knüppel auch waren, die uns die Politik zwischen die
Beine warf, zeigten sich die Personaldienstleister hiervon
unbeeindruckt. Mehr noch: Sie haben wieder einmal unter Beweis
gestellt, dass sie sich nicht nur flexibel auf veränderte
Rahmenbedingungen einstellen, sondern dabei auch bemerkenswerte
Erfolgsgeschichten schreiben. Im zu Ende gehenden Jahr hat die
Branche bei der Beschäftigung von Geflüchteten und
Langzeitarbeitslosen Überdurchschnittliches geleistet. Ausgehend
von einem geringen Anteil der Zeitarbeitenden von 2,8 Prozent an
der Gesamtbeschäftigung wäre zu erwarten gewesen, dass nur etwa
2.000 Geflüchtete 2017 eine Anstellung bei einem
Personaldienstleister gefunden haben. Dass es jedoch deutlich mehr
sind, belegen die neuesten Zahlen der Bundesagentur für Arbeit
(BA): Mehr als 28.200 Schutzsuchende aus den acht wichtigsten
nichteuropäischen Asylherkunftsländern haben zwischen August
2017 und Juli 2018 ihre Arbeit bei einem Personaldienstleister
begonnen. Somit fand mehr als ein Drittel der insgesamt 79.500
Geflüchteten, die ihre Arbeitslosigkeit in diesem Zeitraum mit
einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung beenden
konnten, eine Anstellung in der Zeitarbeit. Unsere Branche bietet
Geflüchteten damit eine echte Einstiegsmöglichkeit in den
Arbeitsmarkt!
Doch nicht nur für Flüchtlinge, sondern auch für
Langzeitarbeitslose haben die Personaldienstleister beim
Wiedereinstieg ins Berufsleben in diesem Jahr Erfolge erzielt.
Denn die Zahlen der BA zeigen, dass fast jeder fünfte ehemals
Langzeitarbeitslose, der 2018 eine sozialversicherungspflichtige
Beschäftigung aufgenommen hat, eine Anstellung in der Zeitarbeit
gefunden hat. Es lässt sich also ganz objektiv feststellen, dass
Personaldienstleister sowohl für Geflüchtete als auch für
Langzeitarbeitslose die wichtigste Zugangsmöglichkeit zum
deutschen Arbeitsmarkt sind. Nicht zu vernachlässigen ist dabei,
dass Menschen, die durch Zeitarbeit ihre Arbeitslosigkeit beenden
konnten, in der überwiegenden Mehrheit in
sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung bleiben und ihnen so
ein längerfristiger Zugang zum Arbeitsmarkt in Deutschland
gelingt. So waren 65 Prozent der zuvor Arbeitslosen auch zwölf
Monate nach ihrer Beschäftigungsaufnahme in der Zeitarbeit
weiterhin sozialversicherungspflichtig beschäftigt.
So
kann man ohne Übertreibung sagen: Wir leisten Großes bei der
Integration von „Zielgruppen des Arbeitsmarktes“. Das Thema
Rekrutierung von geeignetem Personal, welches zuverlässig und
kompetent einen tollen Job macht, bleibt ein Dauerbrenner. Den
vielfältigen Arbeitgebern in Deutschland vermitteln wir passgenau
qualifizierte Beschäftigte, die unsere Kunden so wirtschaftlich
voranbringen. Die richtigen Leute zur richtigen Zeit am richtigen
Ort, darin sind wir stark.
Man
muss kein Prophet sein, um vorauszusagen, dass diese Kompetenzen
der Zeitarbeitsbranche vor dem Hintergrund des demografischen
Wandels und des immer dramatischer werdenden Fachkräftemangels
auch im kommenden Jahr gefragt sein wird. Einem Jahr übrigens, in
dem der BAP 50 Jahre (...)
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Bundesvorsitzender
des Interessenverbandes Deutscher Zeitarbeitsunternehmen
e.V.
Christian Baumann
2018 hat sich die Zeitarbeitsbranche ausschließlich um sich
selbst gekümmert. Aus gutem Grund, denn erstmals traten die neuen
Fristen auf Basis der Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes
in Kraft. Die Aufgaben für die Zeitarbeitsunternehmen waren
ebenso vielfältig wie auch zeitintensiv: die richtige Equal
Pay-Abwicklung, das korrekte Abbilden der
Überlassungshöchstdauer und die richtige Realisierung von
Kundendatenmanagementsystemen (CRM) forderten ihre Tribute.
Mitarbeiter mussten und müssen soweit geschult und qualifiziert
werden, dass sie alle Neuerungen und Änderungen überhaupt
verstehen können. Zudem gilt es, notwendige Prozesse zu
optimieren, damit für die Zeitarbeitsunternehmen auch eine
gewisse Sicherheit bei der Umsetzung der Reformvorhaben
gewährleistet ist. Die zahlreichen Aufgaben haben einen extrem
hohen Aufwand produziert, und die Branche hat darunter auch
gelitten. Denn ursprünglich wurden genau die Kräfte vor der
AÜG-Reform eigentlich für Vertriebs- und Rekrutierungsarbeit
verwendet. Alltägliche To-Do- Listen wie etwa die Beratung am und
beim Kunden sowie die Gewinnung von neuen Mitarbeitern rückten in
den Hintergrund oder blieben gleich ganz liegen. Mit externem
Blick auf die Zeitarbeit lässt sich feststellen, dass eine Gefahr
besteht: Wenn die Zeitarbeitsunternehmen so weiterarbeiten und
versuchen alles möglich zu machen, was ihnen durch politisches
Diktat vor die Füße geworfen wird, herrscht irgendwann absoluter
Stillstand in der Branche – und Stillstand bedeutet
Rückschritt. Aber das darf nicht sein, und das darf die
Zeitarbeit auch nicht zulassen. Nächste Hürde wird die
AÜG-Evaluation im Jahr 2020 sein und man kann schon jetzt gewiss
sein, dass die Latte für die Zeitarbeit sehr hoch aufgehängt
wird.
Wir müssen für uns Sicherheit schaffen, dass wir uns davon
wieder etwas mehr lösen können. Denn nun gilt es, wieder nach
vorn zu schauen, um aktiv an den wirklichen Zukunftsmerkmalen der
Zeitarbeitsbranche arbeiten zu können. Diese Aufgabe wird für
alle Zeitarbeitsunternehmen für die nächsten Jahre ganz
maßgeblich sein. Konjunkturell trübt sich die Weltwirtschaft
ein, und das bedeutet eben auch für die Zeitarbeit neue
Herausforderungen. Wir haben ein bisschen die Flexibilität
verloren, aber nach wie vor sind wir ja der Flexibilitätsmotor
des deutschen Arbeitsmarktes. Zeitarbeitsunternehmen sind aber
nicht zuletzt auch durch die stark zugenommene Bürokratisierung
mittlerweile sehr steif und starr geworden. Die Branche hat die
Widerstandsfähigkeit nicht mehr, um externe Schocks wie etwa die
Krise 2008/2009 einfach so zu verkraften. Die Wiederherstellung
alter Kräfte der Zeitarbeitsunternehmen wird eine weitere neue
Aufgabe und auch eine Pflicht sein. Die Zeitarbeitsbranche muss
nach vorn schauen und darf dabei die Megatrends der nächsten
Jahre – Demographie, EU-Rekrutierung, internationale
Rekrutierung, Wegfall des Paragraphen 40 Aufenthaltsgesetz,
Beschäftigung von Drittstaatlern – nicht aus den Augen
verlieren. Diese Herausforderungen können gemeistert werden, wenn
sich ihnen die Zeitarbeitsbranche geschlossen stellt und sie
bewältigt.
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Rechtsanwalt
| Partner – CMS Hasche Sigle / Fachanwalt für Arbeitsrecht
Dr.
Alexander Bissels
Rechtsanwältin
| Senior Associate – CMS Hasche Sigle / Fachanwältin für
Arbeitsrecht
Kira
Falter
Hat
das Jahr 2018 Ihre Erwartungen erfüllt?
Das Jahr 2018 stand ganz im Lichte der Folgen der zum 01.04.2017
in Kraft getretenen AÜG-Reform und der darin vorgesehenen
Übergangsfristen für die Anwendung des zwingenden equal
pay-Grundsatzes ab dem 10. Einsatzmonat bei einem Kunden
(frühestens ab 01.01.2018; § 8 Abs. 4 i.V.m. § 19 Abs. 2 AÜG)
und für den Ablauf der gesetzlichen Überlassungshöchstdauer von
18 Monaten (frühestens ab dem 01.10.2018; § 1 Abs. 1 S. 4, Abs.
1b i.V.m. § 19 Abs. 2 AÜG). Gesamtbetrachtend kann festgestellt
werden, dass die Branche – zumindest in der Breite – gut auf
diese Stichtage vorbereitet war.
Die
konkrete und insbesondere korrekte Bestimmung des gesetzlichen
equal pay mag zwar aufgrund der Vielgestaltigkeit und der
Komplexität der auf Kundenseite existierenden Vergütungsmodelle
nach wie vor mit gewissen (und zwar nicht unerheblichen)
Unsicherheiten behaftet sein. Wichtig ist jedoch, dass sich der
Personaldienstleister rechtzeitig darum bemüht, die für die
Bestimmung von equal pay erforderlichen Informationen über die
relevante Entgeltstruktur von den Kunden zu erhalten, indem von
diesem die entsprechenden (in der Regel vom Zeitarbeitsunternehmen
übermittelten) Fragebögen ausgefüllt und unterzeichnet werden.
Eine anfängliche Skepsis auf Kundenseite, dass die von den
Dienstleistern abgefragten Informationen nur den Zweck hatten,
sich Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu verschaffen, ist
inzwischen einer Routine und der damit einhergehenden Erkenntnis
gewichen, dass die Erfassung der Daten kein Selbstzweck, sondern
zur rechtskonformen Umsetzung des AÜG zwingend notwendig ist. Die
überwiegende Anzahl der Kunden füllt die von den
Zeitarbeitsunternehmen bereit gestellten Fragebögen inzwischen
"ohne Murren" aus. Wird auf dieser Grundlage das equal
pay berechnet und abgebildet, ist der Personaldienstleister
bereits auf einem guten Weg, auch entsprechende Prüfungen der BA
ohne Beanstandungen zu überstehen, wenn und soweit die Angaben
umfänglich und vollständig sowie nicht offenkundig unrichtig
sind. In diesem Fall werden die Informationen in den Fragebögen
von der Behörde nicht weiter geprüft oder hinterfragt. Dies
schützt das Zeitarbeitsunternehmen freilich nicht davor, dass ein
Mitarbeiter (dennoch) die korrekte Abwicklung von equal pay in
Abrede stellt und ggf. eine Klage auf eine Nachzahlung erhebt;
derartige Fälle dürften in der Praxis aber die Ausnahme
darstellen.
Die
gesetzliche Überlassungshöchstdauer hat im Vorfeld zu deren
Ablauf am 30.09.2018 zu einer gewissen "hektischen
Betriebsamkeit" geführt, um diese weiter "strecken zu
können", insbesondere durch alternative Einsätze bei
anderen (Konzern-)Kundenunternehmen oder durch den Abschluss von
Betriebsvereinbarungen zur Verlängerung der 18 Monate,
insbesondere in Betrieben der Metall- und Elektroindustrie auf
Grundlage des TV LeiZ (auf bis zu 48 Monate). Ob es zu einer
signifikanten Übernahme von überlassenen Zeitarbeitnehmern
gekommen ist, wird sich erst absehen lassen, wenn von der BA die
nächste Statistik zu der Gesamtzahl der insgesamt beschäftigten
Zeitarbeitnehmer vorliegt. Zudem sind kurz vor Toresschluss
weitere Flächentarifverträge für einige Kundenbranchen
geschlossen worden, die eine weitere (nicht unerhebliche)
Abweichung von der gesetzlichen Überlassungshöchstdauer
zulassen. Im Einzelnen handelt es sich um Folgende: (...)
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