Dr.
Alexander Bissels
Pauschaler Schadensersatz
bei Zahlungsverzug im Arbeitsverhältnis
Das LAG Köln hat sich – eingekleidet in einen Rechtsstreit
über die Gewährung von ergänzenden Branchenzuschlägen nach dem
TV BZ Chemie – mit der für die Praxis spannenden und
höchstrichterlich noch nicht geklärten Frage befassen müssen,
ob der klagende Zeitarbeitnehmer einen Anspruch auf einen
pauschalen Schadensersatz nach § 288 Abs. 5 BGB hat, wenn der
Arbeitgeber die Vergütung nicht, nicht richtig oder nicht
rechtzeitig auszahlt (Urt. v. 22.11.2016 - 12 Sa 524/16). Im
Ergebnis hat das Gericht dies bejaht.
I. Entscheidung des LAG Köln
1. Kein ergänzender Branchenzuschlag
Zunächst hat das LAG Köln die Berufung hinsichtlich des
klägerseitig geltend gemachten Branchenzuschlags zurückgewiesen.
Ein solcher stehe dem Zeitarbeitnehmer nicht zu. Diesem stehe § 2
Abs. 4 TV BZ Chemie entgegen. Hiernach sei – da Zweck der
tariflichen Regelung der Branchenzuschläge eine Angleichung des
Verdienstes der Zeitarbeitnehmer an die Vergütung der
Stammbelegschaft ist, nicht aber, dass der Lohn der
Stammbelegschaft übertroffen werde – eine Deckelung des
Branchenzuschlags auf 90 Prozent des Stundenentgelts eines
vergleichbaren Stammarbeitnehmers vorgesehen. Insofern gelte nach
Ansicht des LAG Köln eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast
(vgl. LAG Hamm v. 28.07.2014 - 17 Sa 1479/13). Zunächst habe der
Arbeitgeber unter Vorlage der ihm vom Kundenbetrieb vorgelegten
Gehaltsmitteilungen die Höhe des Stundenentgelts eines
vergleichbaren Arbeitnehmers der Stammbelegschaft im Kundenbetrieb
darzulegen. Es sei alsdann Sache des Arbeitnehmers, hierauf
konkret zu erwidern und konkrete Einwände gegen die Richtigkeit
dieser Angaben schlüssig vorzutragen.
Hiervon ausgehend sei die Beklagte ihrer Darlegungslast zunächst
nachgekommen, indem sie im hiesigen Rechtsstreit erstinstanzlich
die ihr vom Kundenunternehmen übermittelten Gehaltslisten
vorgelegt und hiernach die Höhe des Stundenentgelts eines
vergleichbaren Arbeitnehmers im Stammbetrieb mit 10,03 Euro
konkret beziffert habe. Hiergegen habe der Kläger wiederum keine
konkreten Einwände vorgebracht. Aus dessen Darlegungen werde
nicht ersichtlich, dass ein vergleichbarer Arbeitnehmer der
Stammbelegschaft im Kundenbetrieb ein höheres Stundenentgelt
erziele. Der Vortrag des Klägers beschränke sich auf die
Feststellung, dass er selbst nunmehr in seinem im Anschluss an das
Arbeitsverhältnis mit der Beklagten unmittelbar mit dem
Kundenbetrieb begründeten Arbeitsverhältnis eine
Bruttomonatsvergütung in Höhe von 1.772,00 Euro erziele. Allein
aus dieser Bruttomonatsvergütung ergebe sich jedoch nicht,
welcher Stundensatz hieraus resultieren solle. Trotz eines
gerichtlichen Hinweises hat der klagende Zeitarbeitnehmer seinen
Vortrag nicht weiter substantiiert. Maßgeblich blieben insofern
die beklagtenseitig in das Verfahren eingeführten, von dem
Kundenunternehmen erstellten Lohntabellen. Aus deren Vorlage durch
den Kunden an die Beklagte ergebe sich auch die
"Geltendmachung" der Deckelung nach § 2 Abs. 4 TV BZ
Chemie durch den Kundenbetrieb entsprechend der relevanten
Protokollnotiz zum Tarifvertrag. Denn an eine solche seien keine
hohen Anforderungen zu stellen. Formvorschriften sehe der
Tarifvertrag gerade nicht vor. Eine konkludente Geltendmachung sei
damit ausreichend.
2. Pauschaler Schadensersatzanspruch
Das LAG Köln bestätigte sodann, dass der Kläger für einen
Zahlungsverzug des Arbeitgebers für den Monat Juni 2015 (wegen
der Abrechnung mit einem zu geringen tariflichen Stundenentgelt
verbunden mit einer Nachzahlung in Höhe von ca. 50,00 Euro) einen
Anspruch auf einen pauschalen Schadensersatz in Höhe von 40,00
Euro aus § 288 Abs. 5 S. 1 BGB geltend machen könne. Der
Gläubiger einer Entgeltforderung habe bei Verzug des Schuldners,
wenn dieser kein Verbraucher sei, zusätzlich zum zuvor in § 288
Abs. 1 bis 3 BGB geregelten Anspruch auf Verzugszins sowie der in
§ 288 Abs. 4 BGB vorgesehenen Möglichkeit der Geltendmachung
eines weitergehenden Verzugsschadens einen Anspruch auf (...)
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