Illegale
Arbeitnehmerüberlassung:
Unterlassungsansprüche
für "sauber arbeitende" Personaldienstleister?
Fest steht, dass eine illegale Arbeitnehmerüberlassung mit
einschneidenden Konsequenzen verbunden sein kann, insbesondere
für das Kundenunternehmen, das auf Grundlage der gesetzlichen
Fiktion eines Arbeitsverhältnisses mit dem eingesetzten
Mitarbeiter (§ 10 Abs. 1 S. 1 AÜG) ohne sein Zutun auf einmal
mehr Arbeitnehmer beschäftigt als diesem wohl lieb sein dürfte.
Umgekehrt werden dem Personaldienstleister ggf. für dessen
Betrieb wichtige Mitarbeiter entzogen; dem Arbeitnehmer wird –
ohne und sogar gegen seinen Willen – ein neuer Arbeitgeber
"aufgedrängt". Bislang ist allerdings nicht
höchstrichterlich entschieden, ob auch außerhalb dieses für die
Arbeitnehmerüberlassung typischen Dreiecksverhältnisses zwischen
Personaldienstleister, Kunden und Zeitarbeitnehmer stehende
"Wettbewerber" Ansprüche aus oder wegen einer illegalen
Arbeitnehmerüberlassung ableiten können. Das OLG Frankfurt a.M.
musste sich damit befassen, ob ein Personaldienstleister unter
wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten Unterlassung von einem
Unternehmen verlangen kann, das ohne eine Erlaubnis nach § 1 AÜG
Arbeitnehmerüberlassung betrieben hat. Dies hat das Gericht im
Ergebnis abgelehnt (Urt. v. 29.01.2015 - 6 U 63/14).
Die Erlaubnispflicht in § 1 AÜG stellt zwar nach Ansicht des OLG
Frankfurt eine Marktzutrittsregel dar. Verstöße gegen eine
solche würden von § 4 Nr. 11 UWG erfasst (Verbot von bestimmten
geschäftlichen Handlungen, durch die sich ein Unternehmer einen
Vorsprung im Wettbewerb durch die Verletzung einer Rechtsnorm
verschafft), wenn die Vorschrift zugleich als
Marktverhaltensregelung zu qualifizieren sei. Eine solche
Doppelfunktion liege in der Regel vor, wenn die Betätigung auf
einem bestimmten Markt einer öffentlich-rechtlichen Erlaubnis
bedürfe und die betreffende Norm damit gleichzeitig im Interesse
der Marktpartner eine bestimmte Qualität, Sicherheit oder
Unbedenklichkeit der angebotenen Waren oder Dienstleistungen
sicherstellen wolle. Diese Schutzfunktion besäßen z.B.
Vorschriften, die als Voraussetzung für die Ausübung bestimmter
Tätigkeiten, etwa ärztlicher Behandlungen, anderer
freiberuflicher oder handwerklicher Tätigkeiten, im Interesse des
Schutzes der Allgemeinheit den Nachweis besonderer fachlicher
Fähigkeiten forderten.
Die Regelungen des AÜG und namentlich die dort festgelegte
Erlaubnispflicht hätten eine sozialpolitische Zielsetzung. Sie
sollten den arbeitsund sozialversicherungsrechtlichen Schutz der
überlassenen Arbeitnehmer sicherstellen. Dies komme bereits in
der Begründung des Regierungsentwurfs vom 15.06.1971 zum
Ausdruck, nach der das Gesetz dazu dienen solle, bei der
Arbeitnehmerüberlassung Verhältnisse herzustellen, die den
Anforderungen des sozialen Rechtsstaats entsprächen und die eine
Ausbeutung der betroffenen Arbeitnehmer ausschlössen
(BT-Drucksache VI/2309, S. 9). Arbeitnehmerschutzvorschriften
würden dabei regelmäßig allein den Interessen der Mitarbeiter
dienen und wiesen deshalb nicht den erforderlichen Marktbezug auf.
Arbeitnehmer seien nämlich bereits keine Teilnehmer am Markt
derjenigen Produkte oder Dienstleistungen, an deren Herstellung
oder Erbringung sie selbst mitwirkten. Der fehlende Marktbezug
ergebe sich auch daraus, dass sich die Erlaubnispflicht gem. § 1
AÜG auf die betriebsinterne Organisation des
Personaldienstleisters beziehe. Es bestehe insoweit eine
vergleichbare Sachlage zu den gesetzlichen Vorschriften zur
Arbeitszeit und zum Gesundheitsschutz sowie zur
Sozialabgabenpflicht. In diesen Fällen werde ein Marktbezug
grundsätzlich abgelehnt, weil ein Gesetzesverstoß dem Anbieter
nur indirekt einen Wettbewerbsvorsprung vor den gesetzestreuen
Mitbewerbern verschaffen könne.
Für einen Marktbezug von arbeitnehmerschützenden Vorschriften
müsse vielmehr hinzukommen, dass sie entweder einen unmittelbaren
marktbezogenen Zweck verfolgten, z.B. bei Ladenschlussregelungen,
oder dass sie die wettbewerbsbezogene Zielrichtung hätten, „Schmutzkonkurrenz“
auf den jeweiligen Güter- und
(...)
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