Dr.
Alexander Bissels
Rechtliche Untiefen
des gesetzlichen Mindestlohns unter Beachtung der Änderungen des
AEntG
Am 15.08.2014 ist sog.
Tarifautonomiestärkungsgesetz (TASG) im Bundesgesetzblatt
veröffentlicht worden und am 16.08.2014 in Kraft getreten. Damit
gilt grundsätzlich ab dem 01.01.2015 ein gesetzlicher Mindestlohn
i.H.v. 8,50 € brutto/Stunde, der die Zeitarbeitsbranche aufgrund
der vorgesehenen Übergangsregelungen aber nicht negativ betreffen
wird. Interessanter für Personaldienstleister sind aber die
übrigen im TASG neben dem Mindestlohngesetz (MiLoG) vorgesehenen
gesetzlichen Änderungen, insbesondere im AEntG.
Dort war bislang vorgesehen, dass die in einem Kundenbetrieb nach
dem AEntG geltenden Mindestarbeitsbedingungen auch für einen dort
eingesetzten Zeitarbeitnehmer zu beachten sind (§ 8 Abs. 3 AEntG).
Nach der Rechtsprechung galt dies allerdings nur, wenn und soweit
der Kundenbetrieb auch in den fachlichen Geltungsbereich eines
nach dem AEntG allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages oder
einer entsprechenden Rechtsverordnung fällt (vgl. BAG v.
21.10.2009 - 5 AZR 951/08). Es sollte hingegen nicht auf die
konkret von dem Zeitarbeitnehmer während eines Einsatzes
ausgeübte Tätigkeit ankommen, selbst wenn diese an sich einer
Branche zuzurechnen ist, deren Arbeitsbedingungen durch das AEntG
reguliert werden. Eine solche Sichtweise führe – so das BAG in
der o.g. Entscheidung anschaulich zu Tätigkeiten eines Malers –
zu einem Wertungswiderspruch, weil der Kundenbetrieb an
gewerbliche Arbeitnehmer, die bei ihm selbst angestellt seien,
nicht den tariflichen Mindestlohn des Maler- und
Lackiererhandwerks gewähren müsse. Dieser lasse sich auch nicht
damit rechtfertigen, Zeitarbeitnehmern müsse wegen der
schwierigen Feststellbarkeit des betrieblichen Geltungsbereichs
des Kundenbetriebes aufgrund kurzfristiger Einsätze eine von
diesem unabhängige und ggf. höhere Vergütung zustehen.
Diese Rechtsprechung hatte folgende Konsequenzen: wird ein
Zeitarbeitnehmer mit Arbeiten in Zusammenhang mit
Gebäudereinigungen in einem Metallbetrieb befasst, muss der
Personaldienstleister nicht die nach dem AEntG geltenden
Arbeitsbedingungen für Gebäudereinigung beachten, da der Kunde
fachlich nicht in den fachlichen Geltungsbereich des
Tarifvertrages für Gebäudereinigung fällt. Eine abweichende
Bewertung war hingegen vorzunehmen, wenn der Zeitarbeitnehmer in
einem Kundenbetrieb eingesetzt wird, der sich schwerpunktmäßig
mit Arbeiten der Gebäudereinigung befasst. Dieser wird nämlich
von dem betreffenden Tarifvertrag erfasst, so dass die
Mindestarbeitsbedingungen nach dem AEntG zu beachten sind.
Der Gesetzgeber scheint diese Praxis für nicht mehr zeitgemäß
zu halten, da dieser § 8 Abs. 3 AEntG um folgenden Satz ergänzt
(hat):
"…; dies [Anmerkung: die Beachtung der
Mindestarbeitsbedingungen] gilt auch, wenn der Betrieb des
Entleihers nicht in den fachlichen Geltungsbereich dieses
Tarifvertrages oder dieser Rechtsverordnung fällt."
Mithin ist zukünftig nicht mehr ausschlaggebend, welchen
fachlichen Schwerpunkt der Kundenbetrieb aufweist. Es kommt nicht
mehr darauf an, ob der Kundenbetrieb fachlich von dem betreffenden
Tarifvertrag und/oder Rechtsverordnung nach dem AEntG erfasst
wird. Vielmehr hat eine tätigkeitsbezogene Abgrenzung zu
erfolgen. Dies ist insbesondere kritisch bei Tarifverträgen
und/oder Rechtsverordnungen, die keine Beschränkung des
persönlichen Geltungsbereiches erfahren. Von diesem wird
schlichtweg jeder "Arbeitnehmer" erfasst, der Arbeiten
verrichtet, auf die sich der sachliche Geltungsbereich des
Tarifvertrages und/oder Rechtsverordnung erstreckt.
Vor diesem Hintergrund sollten Personaldienstleister genau prüfen
bzw. sachkundig prüfen lassen, ob und inwieweit sich unter
Berücksichtigung der konkreten Einsätze der Mitarbeiter
Änderungen hinsichtlich der zu gewährenden Arbeitsbedingungen
ergeben. Im Zweifel ist dies nur nach einer Auslegung der
relevanten Tarifverträge und/oder Rechtsverordnungen zu klären.
Die sich daraus ergebenden Risiken sollten seitens der
Zeitarbeitsunternehmen nicht unterschätzt werden. Der Gesetzgeber
zeichnet durch die Anpassung des AEntG nämlich eine (...)
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