Die
Wandlung der Rechtsprechung bei der Abgrenzung von Werkverträgen
und Arbeitnehmerüberlassung – Teil 9
Urlaub und Krankheit
bei Arbeiten auf Werkvertragsbasis
1. Das Problem
Bei drittbezogenem Personaleinsatz auf Werkvertragsbasis kommt es
entscheidend darauf an, dass der Werkunternehmer die zur
Erreichung des Erfolges notwendigen Handlungen selbst organisiert
und der Besteller gegenüber den Arbeitnehmern des
Vertragspartners keinerlei Arbeitgeberbefugnisse, insbesondere
kein arbeitsrechtliches Direktionsrecht ausübt. In Fällen von
Urlaub und Krankheit hat sich ein Werkvertragsarbeitnehmer daher
auch in erster Linie mit seinem Arbeitgeber – dem
Werkunternehmen abzustimmen. Weisungsrechte des Einsatzbetriebes
hinsichtlich der Urlaubsgewährung des Fremdpersonals werden von
Teilen der Literatur als werkvertragsuntypisch angesehen, weil
darin die Unterwerfung unter die zeitlich-örtliche Disposition
des Einsatzbetriebes zum Ausdruck komme. Die Dispositionskompetenz
in zeitlich-örtlicher Hinsicht sei Teil der
arbeitsvertragstypischen “Personalhoheit” (vgl. Greiner,
Stefan: Werkvertrag und Arbeitnehmerüberlassung -
Abgrenzungsfragen und aktuelle Rechtspolitik, NZA 2013, 697
(700)). Wenn der Werkvertragsarbeitnehmer jedoch Leistungen an
Gebäuden, Einrichtungen, Maschinen und Anlagen erbringt, die in
hohem Maße zeitgebunden sind, ergibt sich daraus auch eine
praktische Notwendigkeit, den Urlaub des Werkvertragsarbeitnehmers
mit dem Einsatzbetrieb abzustimmen. Manche Stimmen der Literatur
halten solche Absprachen über die zeitliche Lage des Urlaubs von
Fremdfirmenleuten nach Belangen des Einsatzbetriebes nicht nur
für praktisch sinnvoll, sondern für generell unbedenklich. Die
Gewährung von Freizeiten und die Festlegung des Urlaubs betreffe
weniger den konkreten Arbeitseinsatz als die Person des
Arbeitnehmers. Absprachen hinsichtlich des Urlaubs sprächen
deshalb weder für noch gegen eine Arbeitnehmerüberlassung
(Schüren/Hamann, Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, 4. Auflage
2012, § 1 Rn 162). Im Ergebnis ähnlich äußert sich die
Rechtsprechung.
2. Die neuere Entwicklung der Rechtsprechung
In einem vom Bundesarbeitsgericht 1991 entschiedenen Fall hatte
der Kläger vorgetragen, er sei nicht auf Basis eines
Werkvertrages, sondern im Rahmen von Arbeitnehmerüberlassung
tätig geworden. Begründet hatte er dies unter anderem damit,
dass er seinen Urlaubsantrag zunächst von einem Mitarbeiter des
Stammbetriebes habe abzeichnen und genehmigen lassen müssen und
die Genehmigung durch seinen Werkvertragsarbeitgeber danach reine
Formsache gewesen sei.
Dazu führte das Bundesarbeitsgericht aus, dass daraus, dass der
Arbeitnehmer seinen Urlaub mit dem Dritten, bzw. dessen
Arbeitnehmern abstimmen müsse, sich nicht ohne weiteres
schließen lasse, dass Arbeitnehmerüberlassung vorliege.
Derartige Abstimmungen könnten ebenso wie die über die Lage der
Arbeitszeit durch Art und Inhalt der zu erbringenden Werk- oder
Dienstleistung bedingt sein. Dies könne insbesondere der Fall
sein, wenn diese Leistungen an Gebäuden, Einrichtungen, Maschinen
oder Anlagen zu erbringen seien, die in hohem Maße zeitgebunden
benutzt oder eingesetzt werden. Diese Rechtsprechung hat das BAG
in einem Urteil von 1997 nochmals bestätigt. Auch eine
Entscheidung des LAG Düsseldorf von 2007 liegt auf dieser Linie.
Nach einer Entscheidung des LAG Hamm aus dem Jahr 2006 besteht
auch kein Indiz für eine Arbeitnehmerüberlassung, wenn im Rahmen
eines drittbezogenen Personaleinsatzes ein Dienst- oder
Werkvertragsmitarbeiter im Falle eines Urlaubswunsches zunächst
bei seinem Dienst- oder Werkvertragsarbeitgeber anruft und ihm
dort erklärt wird, er solle die Frage mit dem Einsatzbetrieb
abklären, sodann könne er den Urlaub antreten. Nach LAG Hamm
bedeutet die Bitte, den Urlaubswunsch mit den entsprechenden
Leuten des Einsatzbetriebes abzuklären, nicht, dass dem
Einsatzbetrieb hierdurch die arbeitsrechtliche Befugnis zur
Gewährung von Urlaub übertragen worden sei. Das
Werkvertragsunternehmen habe seinen Arbeitnehmer lediglich darum
gebeten, die Urlaubszeit mit dem Einsatzbetrieb als ihrem
Vertragspartner abzustimmen. Dies sei bei längerfristigen
Einsätzen im Rahmen von Werk- bzw. Dienstverträgen durchaus
üblich und spreche nicht für die vollständige Eingliederung des
Klägers in die betriebliche Organisation des Einsatzbetriebes wie
im Falle der Arbeitnehmerüberlassung. Auch wenn ein
Werkvertragsunternehmen den Einsatzbetrieb über Urlaubszeiten und
Erkrankungen eines Werkvertragsarbeitnehmers informiere, sei dies
bei langfristigen Einsätzen im Rahmen (...)
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