Wie
das Kaninchen vor der Schlange: Viele Zeitarbeits- unternehmen
verfallen in eine Schockstarre und übersehen dabei die Chancen,
die sich durch rechtzeitiges Handeln bieten.
Equal Pay: Chancen und
Risiken für Zeitarbeitsunternehmen
Equal
Pay ist unausweichlich. Die einschneidenste Arbeitsmarktreform
für die Zeitarbeit empfinden viele Personaldienstleister als
Bedrohung ihrer Zukunft, sie sind unsicher und haben viele Fragen.
Kernproblem: Ist Zeitarbeit überhaupt noch ein lohnenswertes
Unternehmensfeld, wenn ein Leiharbeiter genauso viel verdient wie
die Stammbelegschaft?
Eine
seriöse, allgemein gültige Antwort darauf ist nicht möglich,
aber sicher ist: Wer zu lange wartet, wird von den Gegebenheiten
überrollt und im Wettbewerb ins Hintertreffen geraten. Deshalb
gibt es nur eins: Die Risiken und die Chancen – ja, auch die
gibt es mit Equal Pay – für das eigene Unternehmen detailliert
analysieren und dann handeln.
Kurz die Fakten: Equal Pay ist bereits seit 2004 im
Arbeitnehmer-überlassungsgesetz verankert. Gefordert werden dort
Gleichbehandlung (Equal Treatment) und gleiche Bezahlung (Equal
Pay) – oder als Alternative Tarifverträge. In der Folge wurden
für Zeitarbeiter verbindliche Mindestlöhne eingeführt, die
allerdings unter denen der Stammbelegschaft liegen. 2011 wurde das
Arbeitsministerium wieder aktiv, forderte echtes Equal Pay und gab
der Branche ein Jahr Zeit, dafür eine eigene Lösung zu finden
– ansonsten drohten staatliche Vorgaben. Die Branchenverbände
BAP und iGZ taten sich daraufhin zur VGZ (Verhandlungsgemeinschaft
Zeitarbeit) zusammen und verhandeln mit dem DGB. Das ist wegen der
zahlreichen DGB-Mitgliedsgewerkschaften reichlich kompliziert,
aber zwei Tarifabschlüsse gibt es seitdem: im November 2011
verhandelt mit der IG Chemie, am 22. Mai 2012 mit der IG Metall.
Beide geltend ab 01.November 2012.
Deutlich höhere Lohnkosten
Damit sind zwei der größten Zielbranchen für die Zeitarbeit
unter Dach und Fach und klar ist: Alles wird teurer und
komplizierter. Im Wesentlichen läuft es darauf hinaus, dass
Zeitarbeiter stufenweise Branchenzuschläge bekommen, je länger
sie demselben Unternehmen überlassen werden. Für Metall-Arbeiter
heißt das zum Beispiel, dass sie nach neun Monaten Einsatzzeit 50
% Zuschlag bekommen.
Der Haken an der Sache: Keiner weiß bis jetzt, ob das
Arbeitsministerium mit diesen Ergebnissen zufrieden ist oder ob
nicht doch noch ganz andere Vergütungen von oben diktiert werden.
Viele Zeitarbeitsunternehmen warten deshalb ab: Investitionen ins
Unternehmen werden zurückgefahren, in der Sorge etwas falsch zu
machen oder um schon mal vorsorglich zu sparen.
Doch diese Kaninchenstarre vor dem möglichen Feind ist sicher
falsch. Denn egal wie die Marktgegebenheiten sich entwickeln: Um
handlungsfähig zu bleiben, müssen Zeitarbeitsunternehmer die
Risiken für ihren Bereich transparent machen und die Folgen
verschiedener Tarifmodelle schon jetzt kalkulieren.
Höherer Verwaltungsaufwand
Zeitarbeit wird definitiv deutlich teurer– nicht nur wegen der
Branchenzuschläge, sondern auch wegen der komplizierteren
Abrechnung infolge der Abstufung der Zuschläge. Um weiter auf
diesem Markt bestehen zu können, ist eine schlanke und innovative
Verwaltung also unverzichtbar.
Wer als Personaldienstleister schon heute durch ungeeignete oder
nicht aufeinander abgestimmte Softwarelösungen z.B.
Bewegungsdaten für Entgeltabrechnung und Fakturierung aufwändig
manuell zusammenstellt, wird im Wettbewerb weiter hinter
innovative Anbieter zurückfallen. Wenn ab 2013 in verschiedenen
Branchen unterschiedliche Konditionen gelten, müssen die Prozesse
und Werkzeuge zur Verwaltung der Mitarbeiter effizient ineinander
greifen. Andernfalls sind die Verwaltungskosten zu hoch, um die
Konditionen für die Entleihbetriebe attraktiv zu gestalten.
Transparente Kalkulation
Unbestreitbar schwierig ist die Situation, dass immer noch nicht
genau klar ist, wie die Zeitarbeitswelt ab 2013 tickt. Trotz und
auch wegen (...)
Timo Mühlmann
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