Norbert
Fuhrmann zur aktuellen Tarifsituation
DGB-Tarifverhandlungen
mit Nach- und Nebenwirkungen
Die
Tarifsituation in der Zeitarbeitsbranche hat über den
Jahreswechsel nichts an Brisanz verloren. Nach dem Urteil des
Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg zur Tariffähigkeit der
Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit
und Personalserviceagenturen (CGZP), stehen zu Beginn des neuen
Jahres die DGB-Tarifverträge im Fokus.
Norbert
Fuhrmann, Tarifexperte und Geschäftsführer der Initiative
Qualitätssiegel Zeitarbeit (IQZ) erwartet „schwierige
Verhandlungen" und fordert von der Arbeitgeberseite ein
entschiedenes Handeln: „Die Aufnahme und der erfolgreiche
Abschluss neuer Verhandlungen sind für die Branche wichtiger
denn je. Insbesondere wenn es in den kommenden Monaten zu der
prognostizierten Konjunkturerholung kommen sollte. Denn obwohl
es diesbezüglich noch zu keiner einheitlichen Rechtsprechung
gekommen ist, gehe ich davon aus, dass die Inbezugnahme der
gekündigten DGB-Tarifverträge bei Neueinstellungen sich
letztlich als nicht zulässig herausstellen wird. Das würde
bedeuten, dass jeder neue Mitarbeiter – auch unter Bezugnahme
der BZA und iGZ Tarifverträge – seit dem 1. Januar diesen
Jahres nach Equal Pay bezahlt werden muss. Kritisch sehe ich,
dass die Gewerkschaften nicht nur durch das CGZP-Urteil und den
unsicheren Nachwirkungsstatus verhandlungstechnisch ‚Oberwasser'
haben. Durch die Festlegung des iGZ, erst in Verhandlungen mit
den Gewerkschaften einzutreten, nachdem diese mit dem BZA
geführt worden sind, hat man sich in eine gefährliche
Sackgasse manövriert. Schließlich gab es seit mehr als einem
Jahr keine Verhandlungen zwischen BZA und der
DGB-Tarifgemeinschaft, die diese Bezeichnung verdient gehabt
hätten.
Zum
besseren Verständnis: Vor der Aufnahme von Tarifverhandlungen
legt man ein Angebot vor. Das des BZA sah im November 2008 wie
folgt aus:
ab
Steigerung* Lohn
01.05.2009
____ 0,8 % ____ 7,44 €
01.12.2009 ____ 1,5 % ____ 7,52 €
01.05.2010 ____ 2,9 % ____ 7,59 €
Dieses
Angebot lehnten die Gewerkschaften ab und forderten deutliche
Nachbesserungen. Zu Tarifverhandlungen im eigentlichen Sinne kam
es nicht. Das Folge-Angebot des BZA wurde am 19. Januar 2009
vorgelegt - überraschenderweise mit niedrigeren statt höheren
Kennzahlen:
ab
Steigerung* Lohn
01.10.2009
_____ 1 % _____ 7,45 €
01.04.2010 _____ 1 % _____ 7,52 €
Dass
sich die Gewerkschaftsseite diesem ‚Angebot' ebenfalls
verweigerte, versteht sich von selbst. Statt dessen machten die
Arbeitnehmervertreter in den folgenden Monaten wiederholt darauf
aufmerksam, dass seit 2004 eine Verhandlungsverpflichtung für
Branchenzuschläge seitens des BZA besteht. Diese Verpflichtung
wurde bis heute nicht eingelöst. Währenddessen kreist der iGZ
weiter in der selbstauferlegten Warteschleife.
Die
vorliegenden Zahlen lassen den Schluss zu, dass in den
vergangenen Monaten und Jahren auf Arbeitgeberseite nicht
verantwortungsbewusst und zielstrebig an einer Weiterentwicklung
der bestehenden Tarifverträge mit den DGB-Gewerkschaften
gearbeitet wurde.
Wird
weiter nach diesem Muster verfahren, steht zu befürchten, dass
die Gewerkschaften geschlossen aussteigen. Spätestens dann
hätte man der Branche einen Bärendienst erwiesen." *
Die prozentualen Zuwachsraten beziehen sich auf 2006 (7,38 €) |